Wildschäden am Wald

Welche Schäden kann jagdbares Wild am Wald bewirken?
Baumartenentmischung (Verlust der Baumartenvielfalt), verhindern der Waldverjüngung, Stabilitätsverluste, Zuwachsverluste, Wertverluste. Daraus ergeben sich wirtschaftliche und ökologische Schäden.

Wodurch können die vom Wald bewirkten Schäden (Wildschäden) entstehen?
Keimlingsverbiss:
Abäsen junger Baumsäumlinge. Diese sehr gefährliche Art des Verbisses ist besonders schwer feststellbar, da nach dem Abäsen des Baumkeimlings meist keine Reste der verbissenen Pflanze mehr vorhanden sind (unsichtbarer Verbiss). Dadurch fällt der Verbiss nicht auf, auch wenn sämtliche Keimlinge abgeäst worden sind. Um den Keimlingsverbiss objektiv nachweisen zu können, ist die Errichtung kleiner wildsicherer Kontrollzäune (etwa 6x6m) erforderlich. Ein Vergleich der Vegetation innerhalb und ausserhalb des Zaunes nach einigen Jahren zeigt den Einfluss des Wildes auf die Entwicklung der Waldvegetation.
Baumverbiss: Verbiss von Knospen und Triebspitzen junger Waldbäume. Durch das Vorhandensein der Bäume auch nach dem Verbiss sind die Verbissspuren relativ leicht feststellbar.
Fegen und Schlagen der Bäume: Abschlagen der Baumrinde meist jüngerer Bäume im Jungwuchs- oder Dickungsstadium durch das Geweih oder Gehörn der Schalenwildarten. Von Fegeschäden spricht man, wenn die Schäden beim Verfegen des Rot- oder Rehwildes – also bei der Entledigung des Geweihes von der Basthaut – erfolgen, ansonsten spricht man von Schlagschäden.
Stammschälung: Abziehen der Baumrinde mit dem Äser. Die Stammschälung erfolgt vorwiegend im Stangenholzstadium der Bestände, aber auch in Dickungen und im schwachen Baumholz. Über die Schälwunden dringen holzzerstörende Pilze (Rotfäulepilze) ein, die sich im Inneren des Stammes ausbreiten und das Holz zersetzen (Wertverlust, Zuwachsverlust, Stabilitätsverlust durch vorzeitiges Abbrechen oder Absterben der Bäume). Bei Rindenverletzungen durch den Holztransport im Wald (Holzrückung) kommt es zu ähnlichen Schäden.
Wurzelschälung: An älteren Bäumen, deren grobe Rinde eine Stammschälung nicht mehr zulässt, können noch die feinborkigen oberirdischen Wurzelteile geschält werden.
Trittbelastungen des Bodens und der Pflanzen: Vor allem im steilen Gelände bei häufigem Schalenwildvorkommen von Bedeutung. Durch die intensive Ausbildung von Wildwechseln kann Bodenerosion ausgelöst oder der Wasserhaushalt des Bodens gestört werden. Ausserdem können Bäume, insbesondere Jungbäume, im Wachstum beeinträchtigt oder zerstört werden.

Welche Wildarten verbeissen?
Alle wiederkäuenden Schalenwildarten, Kaninchen und Hasen. Ausserdem können in Mäusejahren auch Mäuse verbissähnliche Nageschäden an Baumtrieben verursachen (vor allem kletterfähige Mausarten). Auch Weidevieh (Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde) verbeisst Bäume und verursacht überdies Trittschäden am Wald.

Welche Wildarten schälen?
Rotwild, Muffelwild, Sikawild, Damwild, Schneehasen (insbesondere an Buche). Auch Rinder, Pferde und Ziegen können schälen.

Welche Wildarten fegen und schlagen?
Schlagschäden können durch alle trophäentragenden Schalenwildarten entstehen (Hirsch, Rehbock, Gamswild beiderlei Geschlechts usw.). Von Fegeschäden spricht man nur bei geweihtragenden Wildarten, die alljährlich die Basthaut abfegen (z.B. Rot- und Rehwild).

Sind Verbiss und Verbissschaden dasselbe?
Nein! Ein Schaden tritt nur dann auf, wenn durch übermässigen Verbiss (Keimlings- oder Baumverbiss) das waldbauliche Ziel (Verjüngungsziel) für den betreffenden Waldbestand nicht mehr ereicht werden kann oder wenn durch den Verbiss die ökologische Nachhaltigkeit des Standorts beeinträchtigt wird. Sind für die Erreichung des Verjüngungszieles (bestimmte Mindestanzahl unverbissener Bäume in entsprechender Artenzusammensetzung und Verteilung) spezielle Schutzkosten zu Abhaltung des Wildes erforderlich (Einzelbaumschutz oder Zäunung), so trifft der entsprechende Schaden nicht unmittelbar den Wald, sondern schlägt in Form der anfallenden Schutzkosten zu Buche.
Der Jungwuchs des Waldes ist von Natur aus ein wesentlicher Bestandteil der Nahrungsbasis des Schalenwildes. Verbiss muss also nicht zwangsläufig Verbissschaden bedeuten. Entscheidend ist immer, ob der erforderliche SOLL-Wert an unverbissenen Bäumen für die weitere Waldentwicklung übrig bleibt. Alles was darüber hinaus verbissen wird, aber für den Wald und die waldbauliche Zielsetzung nicht erforderlich ist, ist zwar Verbiss, jedoch kein Verbissschaden. Ähnliches wie für die Unterscheidung von Verbiss und Verbissschaden gilt auch für die Unterscheidung von Schälung und Schälschaden, Fegen und Fegeschaden.

Was versteht man unter selektivem Verbiss?
Die Bevorzugung einzelner besonders beliebter Baumarten durch das Wild. Selektiv (bevorzugt) verbissen werden z.B. Tanne, Bergahorn, Esche, Bergulme, Eiche, Vogelbeere, Salweide, Aspe. Starker selektiver Verbiss führt zur Baumartenentmischung des Waldes. Bei starkem selektiven Verbiss können wildbedingte Monokulturen entstehen, wenn sich lediglich eine wenig verbissbeliebte Baumart (z.B. Fichte) entwickeln kann.

Was ist unter Terminaltriebverbiss zu verstehen?
Als Terminaltrieb wird der Wipfeltrieb, der oberste Leittrieb des Baumes bezeichnet. Der wiederholte Verbiss des Terminaltriebes wirkt sich sehr negativ auf das Baumwachstum aus. Seitentriebverbiss beeinträchtigt die Bäume hingegen wesentlich weniger stark.

In welcher Jahreszeit können Verbissschäden entstehen?
In allen Jahreszeiten! Man unterscheidet Winterverbiss und Sommerverbiss. Der Winterverbiss erfolgt an bereits verholzten Baumtrieben im Herbst und Winter. In dieser Zeit wird vor allem die Tanne besonders stark verbissen. Der Sommerverbiss erfolgt an frischen Trieben vor allem im Frühjahr, aber auch im Sommer. In dieser Zeit werden vor allem Laubbaumarten und teilweise auch die Fichte bevorzugt verbissen.

Welche Massnahmen zur Wildschadensvermeidung sind grundsätzlich möglich?
Da viele unterschiedliche Ursachen, oft in Kombination, zu Wildschäden führen können, sind auch unterschiedliche Massnahmen zur Schadensvermeidung erforderlich. Grundsätzlich muss von jagdlicher Seite alles unternommen werden, um eine Überbeanspruchung der Vegetation durch Wildtiere zu vermeiden. Von forstlicher Seite ist für eine möglichst geringe Wildschadensanfälligkeit des Waldes zu sorgen, und von der Allgemeinheit ist auf eine möglichst geringe Beunruhigung oder sonstige Beeinträchtigung der Lebensraumqualität der Wildtiere zu achten. Die speziellen Massnahmen oder Massnahmenkombinationen müssen auf die jeweiligen Schadensursachen vor Ort abgestimmt werden. Allgemeingültige Patentrezepte zur Lösung der Wildschadensproblematik gibt es nicht.

Was kann der Jäger gegen Verbissschäden tun?
Vermeidung einer Schalenwildüberhege, gegebenenfalls Wildstandsreduktion: zweckmässige Wildbejagung (Intervallbejagung, die nicht zu unnötiger Beunruhigung des Wildes führt; in speziellen Wildschaden-Problemgebieten aber intensive Schwerpunktbejagung mit Vertreibungseffekt), günstige Sozialstruktur des Wildbestandes (Geschlechtsverhältnis, Altersklassen), richtig durchgeführte Winterfütterung (keine auch nur kurzzeitige Unterbrechung oder Umstellung der Futtervorlage während der Fütterungsperiode, schalenwildgerechte Futterzusammensetzung, Wahl des richtigen Fütterungsstandortes, Überprüfung, ob Wildfütterung im Revier überhaupt ökologisch vertretbar bzw. zweckmässig ist usw.), eventuell Wintergatter bei Rotwild, Lebensraumverbesserung (Wildäcker, Wildwiesen, sonstige Äsungsverbesserung, Ruhezonen usw.). Als technische Verbissschutzmassnahmen kommen Einzelbaumschutz (chemische Streich- und Spritzmittel zum Schutz der Terminaltriebe mechanische Verbissschutzvorrichtungen wie Drahthosen, Verbissschutzhäubchen usw.) sowie flächiger Schutz (Schutzzaun) in Frage.

Was kann der Jäger gegen Schälschäden tun?
Bei Schälschäden ist das Augenmerk auf die schälenden Wildarten (insbesondere Rotwild) zu richten. Ebenso wie gegen Verbissschäden gilt: umweltgerechte Regulierung der Wilddichte, zweckmässige Bejagungsart, Vermeidung von Fütterungsfehlern, evtl. Wintergatterung, Lebensraumverbesserung. Ausserdem Vermeidung einer Wildbeunruhigung durch Abwurfstangensuche, selektiver Abschuss von besonders zur Schälung neigenden Stücken. Als spezielle Schälschutzmassnahmen kommen Einzelbaumschutz (chemische Streich- und Spritzmittel zum Schutz der Baustämme, mechanische Schälschutzvorrichtungen wie Schälnetze aus Plastik oder Drahtgitter, Einband der Stämme mit Maumästen usw.) sowie Einzäunung besonders gefährdeter Waldbestände in Frage.